„Wir werden deine Familie auslöschen du Affe“ – das postete Anfang des Jahres ein Chemnitzer Rechtsradikaler bei einem ehemaligen Landtagsabgeordneten in Hannover, weil der sich nach dem Überfall auf den Bremer AfD-Vorsitzenden Magnitz Anfang des Jahres kritisch mit der AfD-Darstellung des Vorfalls auseinandergesetzt hatte. Mein früherer Kollege erstattete Strafanzeige und hörte erst wieder etwas davon, als nach dem Mord an Walter Lübcke Drohungen gegen Politiker in der letzten Woche öffentlich breit diskutiert worden sind. Die gute Nachricht: Die Polizei hat den Täter identifiziert und er ist auch wegen seiner Morddrohung vom Amtsgericht Chemnitz verurteilt worden. Die schlechte Nachricht: Das Opfer hat davon nichts erfahren. Und vor allem – die Strafe beträgt sage und schreibe dreihundertneunzig Euro, nämlich dreißig Tagessätze zu je dreizehn Euro. Für eine Morddrohung!

Ich weiß, das Strafmaß unterliegt ganz und gar der richterlichen Unabhängigkeit. Aber den Strafrahmen gibt der Staat mit dem Gesetz Vormund da besteht offenbar Handlungsbedarf. Der Mord an Walter Lübcke ist nur die Spitze des Eisbergs, das haben viele Berichte in der letzten Woche bewiesen. Viele Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, viele Abgeordnete, viele Bürgerinnen und Bürger erleben immer öfter die Situation, dass sie für ihr demokratische Engagement bedroht werden. Die Hemmschwelle ist zusehends niedriger geworden und die sozialen Medien tragen ihren Teil dazu bei. Es sind auch große Anstrengungen dagegen unternommen worden, wenn man etwa an die Sperre von vielen Texten durch die Plattform-Betreiber denkt. Um so unverständlicher ist es, wenn sich ausgerechnet der Staat selbst und seine Repräsentaten nicht mit aller Konsequenz gegen solche Drohungen stellen.

Ein bedrohliches Auftreten gegenüber Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften ist vor kurzem mit einer höheren Strafandrohung belegt worden. Das ist notwendig, wir sollten uns aber darauf nicht beschränken. Auch der politische Einsatz für unser Gemeinwesen muss frei von Angst, Druck und Nötigung möglich sein. Eine Demokratie muss immer geschützt werden und wer sich engagiert, darf sich nicht als Freiwild fühlen müssen. Ansonsten werden es sich immer Menschen ganz genau überlegen, ob sie sich für und innerhalb unserer politischen Ordnung exponieren wollen, und das müssen wir unbedingt vermeiden. Den vielen Worten nach dem Tod von Walter Lübcke müssen jetzt Taten folgen.

Ich wünsche Euch eine schöne Woche.