Die Vorgänge in Chemnitz haben viele Leute richtig durchgeschüttelt. Das kann doch nicht wahr sein, denken sie, dass Ausländer und Andersdenkende angefeindet werden und sich kaum noch auf die Straße trauen. Anlass für eine solche Sorge hat es übrigens auch am letzten Wochenende in Chemnitz wieder gegeben. Was kann man da tun?

Wie man es ganz und gar falsch macht, demonstrieren gerade Bundesinnenminister Seehofer und Verfassungsschutzpräsident Maaßen. Letzterer bezweifelt öffentlich die Echtheit von Bildern aus Chemnitz und kritisiert die Bundeskanzlerin, um hinterher kleinlaut den Rückzug anzutreten ohne sich auch nur dafür zu entschuldigen. Ganz zu schweigen von intensiven Kontakten zur AfD-Spitze, von denen wir inzwischen wissen, ohne aber Informationen über den Inhalt dieser Gespräche zu bekommen. Inzwischen ist die Glaubwürdigkeit des Verfassungsschutzes insgesamt beschädigt, denn diese Behörde darf niemals den Eindruck vermitteln, selbst Politik zu machen. Genau das hat Herr Maaßen aber getan.

Und der Bundesinnenminister? Er schaut treuherzig in die Kameras und sieht gar keinen Anlass für irgendwelche Konsequenzen. Die Rechtsextremen werden sich auf die Schenkel klopfen und man kann’s verstehen. Wenn man so etwas durchgehen ließe, hätten sie einen richtigen Erfolg erzielt. Ich bin sehr für eine wehrhafte Demokratie und das muss in den staatlichen Institutionen beginnen. Wir können gespannt sein, ob die Bundeskanzlerin in der nächsten Woche endlich durchgreift. Inzwischen geht es nämlich längst nicht mehr nur um Chemnitz.

Wie man es richtig macht, zeigen in der Zwischenzeit in Niedersachsen tausende Bürgerinnen und Bürger. An vielen Stellen hat es Demonstrationen gegeben, zum Beispiel in Hannover, Hildesheim und Dangast – überall mit einer überraschend hohen Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die gesamte Spitze der niedersächsischen Polizei wendet sich mit einem Brief an die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminister und verteidigt die vielen Polizeibeamtinnen und -beamten mit Migrationshintergrund gegen die Behauptung, Migration sei die Mutter aller Probleme. Und in Hannover stellen sich die Herz- und Brustchirurgen von der Medizinischen Hochschule für ein Gruppenfoto auf, über ihren Köpfen stehen die vielen verschiedenen Länder, aus denen sie kommen. Und siehe da: Ohne Migration würde es wohl viele schwierige Operationen gar nichts mehr geben.

Wie können wir die Verfassung am besten schützen? Durch einen starken Staat und durch eine starke Zivilgesellschaft, das ist meine Überzeugung. Derzeit hat der Staat einigen Nachholbedarf.

Ich wünsche Euch eine gute Woche!