Zwei Gespräche aus der letzten Woche sind mir besonders in Erinnerung geblieben.

Zum einen eine Video-Konferenz mit vier Betroffenen, die Monate nach ihrer Corona-Infektion immer noch unter schweren Nachwirkungen leiden. Darunter waren auch solche, die eigentlich einen milden Verlauf hatten, aber sich das eigentliche Problem erst später einstellte: Anhaltende Schwäche, Konzentrationsprobleme, Atemnot und vieles andere mehr. Ihr Leben hat sich mittlerweile grundlegend verändert und ob sie insgesamt wieder gesund werden, steht dahin. Am Ende war das Fazit meiner Gesprächspartner eindeutig: Seid sehr vorsichtig bei Euren Entscheidungen.

Das zweite Gespräch fand statt mit einer älteren Dame, die der aktuellen Corona-Politik sehr kritisch gegenüber steht. Damit steht sie nicht allein und ich bekomme viele Briefe und Emails, in denen der Unwillen nicht nur deutlich, sondern oft auch sehr unsachlich und beleidigend zum Ausdruck kommt.

Darauf geht ich dann nicht ein, aber bei meiner Gesprächspartnerin war das anders. Sie hatte mir in einem ausführlichen Brief sehr ernsthaft dargelegt, warum sie von den derzeitigen Einschränkungen nicht überzeugt ist und ihr zur Zeit auch schlicht das Vertrauen in die Regierenden fehlt.

Daraufhin hatte ich sie zu einem Gespräch eingeladen, an dessen Ende wir zwar erwartungsgemäß nicht einig waren, aber ebenfalls eine Kernforderung stand: Ihr müsst zeigen, dass Ihr aus dem Lockdown heraus wollt.

Beide Gespräche spiegeln große Lager unser Gesellschaft wider, die derzeit komplett unterschiedliche Erwartungen an die Politik haben – „Vorrang für die die Sicherheit“ gegen „Endlich wieder mehr Freiheiten“.

Wie lassen sich diese Pole verbinden? In Niedersachsen haben wir einen Stufenplan zur Diskussion gestellt, mit dem wir zeigen wollen, unter welchen Bedingungen immer mehr Normalität wieder möglich wird und wann umgekehrt Einschränkungen immer stärker zu erwarten sind. Es geht um Transparenz und Perspektive. Herausgekommen ist ein erweitertes Ampelsystem über sechs Stufen hinweg, von einer komplett entspannten Infektionslage bis hin einer harten Eskalation der Pandemie.

Der Schutz vor Infektionen hat also Vorrang. Dabei haben wir auch eine Lehre aus den vergangenen Monaten gezogen: Schon relativ kleine Anstiege der Infektionen können die Basis für eine weitere Welle sein, deswegen müssen wir früher und konsequenter intervenieren, damit wir auch schneller wieder einigermaßen normale Zustände haben.

Darüber wird zu reden sein, in Niedersachsen und auf der Bundesebene. Gelegenheit dazu besteht am Mittwoch, wenn Bund und Länder ein weiteres Mal den weiteren Kurs abstecken wollen.

Ein Ende des Lockdown wird dabei noch nicht herauskommen können, dazu sind allen Fortschritten zum Trotz die Zahlen leider noch nicht niedrig genug.

Ich hoffe, es gibt wenigstens Fortschritte für Kinder und Familien, die derzeit besonders belastet sind. Aber vor allem muss es um eine Perspektive gehen anstelle eines bloßen Fahrens auf Sicht. Keine leichte Aufgabe, aber wir müssen dafür mindestens einen Anfang machen.

Ich wünsche Euch eine gute Woche.